
AndersNormal !
Potenzial Hochsensibilität



Ein etwas anderer LEBENSLAUF ...
Ein etwas anderer LEBENSLAUF ...
Ich wurde 1963 in Wuppertal als einzige Tochter einer Ost-West-Verbindung geboren. Meine Eltern gehören der Kriegsgeneration an, haben den 2.Weltkrieg als Kinder erlebt und sind in das Trauma ihrer Eltern, meiner Großeltern, hineingeboren worden. Meine Oma mütterlicherseits habe ich nie kennen gelernt, an meinen Opa habe ich nur ein, zwei Erinnerungsbilder, die entstanden sind, als er unsere kleine Familie Anfang der 1960er in Wuppertal besuchte.
Meine Mutter ist Anfang der 1950er Jahre in den Westen geflohen, sie war damals 16 Jahre alt. Der Krieg sowie die anschließende russische Besetzung haben sie stark traumatisiert. Meine Mutter war drei Jahre alt, als meine Großmutter meinen Großvater und die Kinder verließ. Daraus entstand eine tiefe "Mutterwunde", die bis heute nicht heilen konnte.
Meinen Opa väterlicherseits habe ich ebenfalls nicht kennen lernen können, da er bereits verstorben war, als ich auf die Welt kam. Zu meiner Oma hatte ich eine innige und tiefe Verbindung. Bei und mit ihr habe ich als Kind viel Zeit verbracht. Ich liebte ihre Geschichten, unsere Spaziergänge, die regelmäßigen Zoobesuche und das gebratene Hähnchen am Sonntag. Als damals einziges Enkelkind genoss ich ihre ganze Aufmerksamkeit. Von ihr habe ich mich wirklich geliebt gefühlt. Meine Oma war sehr "kinderlieb", wie man früher sagte. Sie hat während des Krieges drei Kinder aufgenommen und eins davon vor dem Tod gerettet und später adoptiert. Mein Vater wuchs also mit Geschwistern, jedoch ohne Vater auf, da dieser als Soldat in den Krieg gezogen und danach über sieben Jahre in russischer Gefangenschaft war. Er kam als schwer traumatisierter, stummer und kranker Mann zurück und starb an den Folgen dieser Erfahrungen. Er ist für meinen Vater ein Fremder gewesen und geblieben.
Meine beiden Eltern wissen, was Mangel bedeutet. Sie haben als Kinder Hunger und eine tiefe existentielle Angst erlebt. Beide kamen aus "ärmlichen Verhältnissen" und konnten sich in den ersten Jahren ihrer Beziehung keine eigene Wohnung leisten.
Als sie diese dann endlich fanden und bezogen, kam kurz darauf ich zur Welt. Da ein längerer Verdienstausfall nicht tragbar war, ging meine Mutter nach sechs Wochen wieder arbeiten, als Serviererin in einem Café, in der Straße, in der wir auch wohnten. Ich stand während dessen im Kinderwagen in einem Raum hinter der Theke und war größtenteils mir selbst überlassen.
Meine Hochsensibilität und die damit verbundene Erfahrung von "Anderssein" hat in mir starke Ambivalenzen, Verwirrung, Verunsicherung und manchmal auch Verzweiflung hervorgerufen. Die Kluft zwischen dem inneren Erleben und den Reaktionen und Verhaltensweisen im Außen, erlebte ich häufig als schmerzhaft, da sie in mir Gefühle von Fremdheit, Falschsein und Nicht-Zugehörigkeit auslöste. Trotzdem war ich nie Außenseiterin, ich hatte immer eine oder mehrere Freundinnen, Freundschaften, die zum Teil sehr intensiv und tiefgehend waren. Jedoch häufig nicht von Dauer.
Meine Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht waren vielfältig, oftmals dramatisch. Heute kann ich sagen, dass ich sehr viele unbewusste Anteile in mir hatte, die sich immer wieder in oder vor das gegenwärtige Erleben geschoben haben. Diese Anteile haben Dramen inszeniert, Abbrüche veranlasst, Hilflosigkeit und Leid verursacht. Oftmals wusste ich mir nicht (anders) zu helfen.
Mir war lange nicht klar, dass die traumatischen Erlebnisse meiner Eltern - und auch meiner Großeltern - die Basis meiner Kindheit kreiert haben. Statt Fülle, Sicherheit und einer tief verwurzelten Freude am und dem Vertrauen ins Leben, wurde ich zu einem großen Teil in einem Milieu des Mangels, des Misstrauens, der Ängstlichkeit groß. Das tägliche Funktionieren stand im Vordergrund. Was die Nachbarn denken oder sagen könnten war oft wichtiger als die eigenen Bedürfnisse oder Impulse. Gefühle waren "Weiberkram", ein Zeichen von Schwäche und Unkontrolliertheit. Und stets lag der Fokus auf dem, was nicht stimmte, passte, funktionierte. Die Botschaft:" Nur, wenn du so bist, wie wir uns das wünschen, vorstellen und für richtig halten, können wir dich lieben", habe ich tief verinnerlicht und lange Zeit ohne es zu merken weitergegeben. Es war ein Schock, das irgendwann zu begreifen.
Wie viele hochsensibel veranlagte Menschen habe ich mich als Teenager auf die Suche gemacht: nach mir, nach dem Du, nach Gott, nach dem Glück ... und bin nach jahrzehntelanger Suche fündig geworden. Die Schätze, die ich auf diesem Weg einsammeln durfte, spiegeln sich in meiner Arbeit wider. Sie wird begleitet von der Erkenntnis, dass mein Weg immer weiter geht und ich nur durch das Tun, durch eine täglich gelebte Praxis, etwas verändern kann. Theorie, die nur gelesen und intellektuell aufgenommen wird, ist wie ein flüchtiger Blick oder ein Blitzlicht, das kurz Licht auf etwas wirft und im nächsten Augenblick schon wieder verschwunden ist und mich erneut im Dunkeln zurück lässt.
Das Leben ist statt dessen ein Abenteuer und es gibt so viel zu entdecken, zu genießen, zu heilen, zu feiern, zu lieben! Es gibt eine große Dankbarkeit in mir, die mit dem Wunsch beseelt ist, etwas (zurück-)geben und beitragen zu wollen. Meine Arbeit ist ein Teil davon :-)